Werbung und Landschaftsarchitektur

(redaktionell leicht verändert veröffentlicht
in Garten und Landschaft 1/1998, S. 8)
Die Zeitschrift Garten + Landschaft hatte in ihrer Ausgabe 9/1997 unter der Überschrift "Tatort Biberach" über den Fall berichtet, daß eine Landschaftsarchitektin vom Berufsgericht der Architektenkammer Baden-Württemberg zu einer Geldbuße verurteilt worden war, weil sie in einer Biberacher Tageszeitung eine Kleinanzeige aufgegeben hatte, mit der sie (unter der Überschrift "Ihr Garten ist Ihre Visitenkarte") "Beratung bei der Gartengestaltung" angeboten hatte ("Mit Fachkompetenz zum besonderen Garten").
Die Redaktion von Garten + Landschaft formulierte in dem Zusammenhang, daß sie "mit Spannung" eine Stellungnahme des Bundes Deutscher LandschaftsArchitekten (BDLA) erwarte.

Zu Garten + Landschaft 9/1997: Werbung und Landschaftsarchitektur
BDLA-Präsidiumsmitglied fordert Diskussion

Garten + Landschaft erwartet also mit Spannung eine Stellungnahme "des BDLA" zum Thema 'Werbung durch Landschaftsarchitekten'. Dann wollen wir Garten + Landschaft mal nicht enttäuschen, dachte sich das BDLA-Präsidium, und beauftragte eines seiner Mitglieder, eine erste Meinungsäußerung zu wagen, wohl wissend, daß - solange hierüber weder ausführlich verbandsintern diskutiert wurde noch gar Beschlüsse herbeigeführt sind - dies zunächst nur die vorläufige Meinung eines Einzelnen sein kann. Ich möchte mich daher mit der gebotenen Vorsicht an das Thema herantasten.

Zunächst ist festzustellen, daß sich das Verhältnis der Freien Berufe, zunehmend auch der Architektenschaft, zum Thema Werbung (sollte besser heißen: Marketing, Öffentlichkeitsarbeit) offenbar zur Zeit in einem heftigen Wandel befindet. Während die einen noch fleißig dabei sind, ihre bereits werblich tätigen Kollegen bei Kammern und Verbänden anzuschwärzen (vor ein paar Tagen gerade erreichte die Bundesgeschäftsstelle des BDLA wieder einmal ein anonymer Hinweis auf eine Zeitungsanzeige eines Kollegen), und die Berufsgerichte einzelner Architektenkammern ihrer durch geltende Berufsordnungen auferlegten Pflicht nachkommen, derartige "Vergehen" zu ahnden (siehe "Tatort Biberach") und neue Berufsordnungen kreiert werden, in denen haarklein festgelegt wird, daß eine Anzeige höchstens 3,5 cm hoch sein darf, ohne berufsstandsschädigend zu wirken, fällt es in anderen Bundesländern offenbar überhaupt nicht auf, daß dort seit Jahren bereits gar keine eigene Berufsordnung mehr existiert, sich die Verfolgungspflicht der dortigen Kammer gegenüber berufsrechtswidrigen Missetaten werblicher Art folglich auf das reduziert, was gemäß Architektengesetz als "unkollegiales Verhalten" zu kennzeichnen ist oder dem allgemein geltenden Recht zuwiderläuft, beispielsweise den "guten Sitten" beziehungsweise dem Wettbewerbsrecht.

Diskutiert man im Kreis von Kolleginnen und Kollegen, so hört man immer wieder die folgenden Argumente Pro und Contra:

  • "Werbung, das bringt doch nichts, da weiß ich, was ich Besseres mit meinem Geld tun kann." (dies bezeichnenderweise häufig von alteingesessenen Büroinhabern),
  • "Werbung zu erlauben, führt dazu, daß die großen Büros, die sich dies aufwendig und wiederholt leisten können, einen Wettbewerbsvorteil daraus ziehen" (so die Masse-statt-Klasse-Gläubigen),
  • "Irgendwie muß ich doch meine potentiellen Auftraggeber auf mich aufmerksam machen" (so die Newcomer),
  • "Wenn erstmal der Damm des Werbeverbots gebrochen ist, dann fällt auch bald die HOAI" (so die Euro-Skeptiker),
  • "Was den Apothekern, Rechtsanwälten und Steuerberatern mittlerweile erlaubt ist, kann den Architekten nicht verboten werden" (so die Gleichheits-Fanatiker),
  • "Wenn jedes Gartencenter 'Gartengestaltung' öffentlich anbieten darf ... (so der auch Gärten planende Freiraumplaner) ... und jeder Biologe, Geograph, Ingenieur, et cetera in den Fachzeitschriften Anzeigen schalten darf (so der auch käferzählende Landschaftsplaner), muß dies, um gleiche Wettbewerbsvoraussetzungen zu garantieren, auch dem Landschaftsarchitekten erlaubt sein."
An all diesen Positionen ist sicherlich etwas dran - vielleicht mit Ausnahme der "Bringt-doch-garnichts"-Position, die in einer Rechtsordnung, deren Prinzip es ist, daß alles erlaubt ist, was nicht (mit guten Gründen) ausdrücklich verboten ist, m.E. nicht als Argument durchschlagen kann.

Durchsetzen wird sich wohl mittelfristig eine (meiner Meinung nach unter den gegebenen Umständen auch vernünftige) Position, wie sie bereits im Juli 1997 die Architektenkammer Nordrhein- Westfalen für ihren Bereich formuliert hat (veröffentlicht im Deutschen Architektenblatt 8/97, NW 243):

Kammermitglieder dürfen mit ihrem Werk sachlich in allen Medien werben,
auch - was bisher als Verstoß gegen die Berufsordnung galt -
mit Hilfe einer Zeitungsanzeige."

Danach ist eine "informative sachliche" Darstellung des Werks des Architekten - im Internet wie in den Print-Medien - zukünftig erlaubt, "anpreisende, marktschreierische" Werbung bleibt nach wie vor tabu.

Die Architektenschaft nähert sich damit an die infolge der jüngsten Rechtsprechung des BGH von den Apothekern, Rechtsanwälten, Steuerberatern, Ärzten und Zahnärzten akzeptierten und teilweise bereits in novellierten Berufsordnungen festgeschriebenen neuen berufsständischen Grundsätze an.
Ich sehe im Augenblick keinen Grund für den BDLA, diese - regional offenbar sehr unterschiedlich schnell - ohnehin stattfindende Entwicklung durch besonders auffälliges Festhalten an Althergebrachtem, etwa durch eigenes Verfolgen von Missetätern, oder durch besonders auffälliges Vorpreschen in Richtung auf ein allgemeines Laisser-faire zu behindern oder zu forcieren. Hinzufügen möchte ich allerdings auch, daß mein persönliches Verständnis für diejenigen, die diese (noch) geltenden Berufsordnungen alter Prägung so schnell wie möglich ändern wollen (zum Beispiel, um einen "Tatort Biberach" zukünftig gar nicht erst entstehen zu lassen) größer ist als für diejenigen, die die (noch) geltenden Berufsordnungen "pflichtgemäß" ernster nehmen als es meines Erachtens sein müßte. Die nun losbrechende Diskussion möge mir recht geben - oder mich eines Besseren belehren!

Stefan Wirz

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(Seiteninhalt zuletzt bearbeitet am 30.07.2002)
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